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Eine "Eingewanderte" löst mit ihren Fragen nach der Bedeutung einzelner Wörter und Sätze bei ihrem Mentor Reflexionen über seine Muttersprache aus und lässt ihn diese in einem ganz ungewohnten Kontext erleben. (DR) Media, eine junge Frau aus dem Kaukasus, die in Wien um Asyl angesucht hat und nun Deutsch lernt, konfrontiert ihren Mentor durch ihre Fragen nach der Bedeutung einzelner Wörter und Sätze mit deren Vieldeutigkeit. Da geht es zum Beispiel um den Text auf einer Parktafel, wo von einem Schuldiener die Rede ist, der dort zu Tode gekommen war, da er sich weigerte, dem Räuber das Geld, das er von der Bank für die Löhne der Lehrer geholt hatte, auszuhändigen - oder um das Amtsdeutsch, in dem die Mitteilungen der Asylbehörde abgefasst sind. Während der Erzähler versucht, auf die Fragen möglichst verständlich zu antworten, kommen ihm Assoziationen in den Sinn, die seine eigene Kindheit, seine Lektüreeindrücke, seine Sozialisierung betreffen. Zwischen diesen Reflexionen und Bruchstücken aus Medias Leben mäandert dieser, nun ja, Roman, dahin. Ein hochsensibles Ich lässt sich auf einen Menschen aus einem anderen Kulturkreis ein und erfährt beim Lehren eine Bereicherung und Vertiefung seiner eigenen Muttersprache. Die Beziehung zwischen Bewusstsein und Sprache sowie die sich daraus ergebenden Verhaltensnormen werden auf poetische Art anschaulich gemacht. Die Künstlerin Nanne Meyer ergänzt den Text mit Zeichnungen und einzelnen Satzfetzen, die auch als eigenständige Geschichte betrachtet werden können. "Die Auswandernden" ist ein außergewöhnliches, sehr feines und ästhetisches Buch. Es bedarf allerdings seitens der LeserInnen einer großen Bereitschaft, sich auf Sprachmeditationen einzulassen. Vielleicht wäre es am besten, jeweils nur einige Seiten zu lesen und diese auf sich wirken zu lassen. Ich kann mir gut vorstellen, aus dieser Lektüre Impulse für Diskussionsrunden gerade im Hinblick auf die Kommunikation mit Flüchtlingen zu gewinnen.